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Was wir nicht mehr tun!

Viele Vorsätze von Selbständigen und Unternehmern scheitern. Zum Beispiel der Vorsatz, weniger Fachkraft-Aufgaben auszuführen, der Vorsatz, besser zu führen, der Vorsatz, die Positionierung oder Vision zu verbessern, oder der Vorsatz Prozesse zu optimieren. du hast dir bestimmt auch zum Jahresanfang einiges vorgenommen. Schau doch einfach mal nach, was davon schon jetzt in Vergessenheit geraten ist. Viele dieser Vorsätze werden vielleicht initiiert, aber nicht zu Ende gebracht.

Die Ursache ist immer dieselbe: Angesichts von zu vielen To-do’s, die alle dringend und wichtig erscheinen, bleibt keine Zeit, die wirklich wichtigen Dinge zu Ende zu bringen. Nun habe ich schon in meinem Buch „Der Weg zum erfolgreichen Unternehmer“ die 7 Aufgabenbereiche des Unternehmers beschrieben. Und einer davon ist regelmäßiges Aufräumen.

In der Tat ist dies einer der ersten praktischen Schritte im Unternehmen, wenn ich etwas ändern will: Raum zu schaffen, so dass die Ressourcen für die Änderung verfügbar sind. Nun kann ich diesen Raum auf unterschiedliche Art und Weise schaffen: Ich kann meinen eigenen Kalender ausmisten. Die Aufgaben wachsen aber nach. Ich kann die Aufgaben in der Firma ausmisten. Aber auch diese wachsen nach.

Ich kann aber auch das Unternehmen strategisch spitzer ausrichten. Der Hintergrund ist einfach: Je größer der Bauchladen nach außen, desto höher die Komplexität und desto unbeherrschbarer das Chaos nach innen. Damit habe ich schon mal eine mögliche Quelle für die permanente Überlastung identifiziert. Der Haken daran: eine strategische Neuausrichtung dauert seine Zeit – und in dieser Zeit finden sich wieder neue To-do’s ein. Dasselbe gilt für eine Optimierung der Prozesse: Damit lässt sich sicher eine Quelle für die vielen Aufgaben und Feuerwehreinsätze abstellen, aber die neuen Prozesse müssen auch erst mal erstellt, eingeführt und gelebt werden.

Die Lösung besteht schlicht und ergreifend darin, komplette Bereiche zu definieren, die wir als Unternehmen nicht mehr tun und die sich sofort umsetzen lassen. Was meine ich damit? Ich möchte ein paar Beispiele aufzeigen, die jeder bei sich und in seiner eigenen Firma selbst überprüfen kann.

Beispiele:

  • Kooperationen und Partnerschaften: Vermutlich bekommst du, wenn du einen gewissen Namen am Markt hast, eine Menge Anfragen für Kooperationen. Zumindest ging mir das mit meinen 3 Unternehmen so. Und vermutlich kennst du das auch: die meisten dieser „Kooperationen“ erfordern vorneweg ungeheuer viel Aufwand und hinten kommt nichts raus oder sie schaden vielleicht sogar, weil sie gar nicht zur eigenen Geschäftsphilosophie passen. Die meisten dieser Anfragen sind nach meiner Erfahrung lediglich auf den guten Zugang zur Zielgruppe scharf. Und die meisten haben nichts zu bieten – außer ein bisschen Provision auf Geschäfte, die eh nie zustande kommen. Die Antwort: erstelle 2-3 sehr einfache und harte Kriterien, mit welchen Kooperationsanfragen du dich überhaupt beschäftigen willst. Die Folge: 90 Prozent der Anfragen können einfach so abgelehnt werden und kosten keine Bearbeitungszeit.
  • Produkte und Angebote: Vielleicht kennst du das: Da hat man als Unternehmer eine Idee und denkt, dass der Markt drauf gewartet hat. Dann wird mit viel Aufwand ein neues Produkt oder Angebot entwickelt und dieses schließlich auf den Markt geworfen. Da es nicht gleich läuft, wird nachgebessert und noch mehr Energie ins Marketing gesteckt. Und das geht manchmal Jahre so. Bestenfalls endet so was zu null. Aber: Hätte man dieselbe Energie in Bereiche gesteckt, die funktionieren, wäre wesentlich mehr entstanden. Aus diesem Grund sollte man vorab definieren, keine Produkte mehr zu entwickeln, die nicht möglichst früh und in möglichst kurzen Abständen in einem Teilmarkt getestet wurden. Das ist zwar immer noch keine Garantie für den Erfolg, aber viel besser als die bisherige Variante.
  • Sonderangebote und Aktionen: Jede Sonderaktion ist eine Ausnahme des normalen Prozesses. Ausnahmen sind fehleranfällig und kosten mehr Aufwand. Zudem bringen sie im besten Fall zwar mehr Umsatz, kosten aber Gewinn. Natürlich gibt es Zeitpunkte im Jahr, wo sich – je nach Business – eine Sonderaktion rechtfertigen lässt. Aber wenn man diese zwei oder drei Punkte bereits in der Jahresplanung definiert, dann widersteht man dem Reflex, sobald mal was nicht so gut läuft, sofort eine Sonderaktion zu machen. Dasselbe gilt für Aktionen, die z.B. durch Deadlines Kaufdruck aufbauen. Das funktioniert zwar oft, aber belastet immer die Beziehungen zum Kunden. Man muss das nicht komplett ausschließen, aber es sollte vorab auf ein oder zwei Aktionen im Jahr begrenzt sein. Individuelle Sondervereinbarungen mit Kunden sollte man nach Möglichkeit komplett ausschließen: Bei meiner zweiten Firma hatte ich mal mit einem Kunden zu tun, der mit seinen zweitausend Kunden zweitausend individuelle Regeln abgeschlossen hatte. Und er wollte von uns damals eine Software, um seine Prozesse zu optimieren. Das Projekt war schon vor dem Start gescheitert, weil es kein Software-Problem war. Das Problem war, dass unser Kunde nicht willens und in der Lage war, die ganzen Sonderregeln glatt zu ziehen.
  • Emails: Emails haben die Angewohnheit, Folge-Emails zu erzeugen. Diese müssen wieder beantwortet werden und erzeugen wieder Rückfragen. Je länger das hin und her geht, desto höher kochen die Emotionen. Und dann sucht man sich natürlich Unterstützer oder versucht als Mitarbeiter, seinen Arsch zu sichern. Deshalb kommen im Lauf der Zeit immer mehr Leute in CCs. Die müssen erst mal den ganzen Email-Verkehr lesen, um zu verstehen, worum‘s geht. Natürlich haben sie dazu noch Rückfragen, die dann entweder an den ganzen Verteiler geschickt werden oder die erst intern in einem extra einberufenen Meeting geklärt werden müssen. Aus Dingen, die in 5 Minuten am Telefon hätten geklärt werden können, entstehen so Monster, die das ganze Unternehmen über Tage und Wochen verfolgen. Deshalb eine einfache Regel: Nichts, was zu Missverständnissen führen kann (und das ist fast alles) per Email klären. Einfach anrufen und meinetwegen danach zur Absicherung noch ein kurzes Protokoll per Mail hinterher.
  • Mitarbeiter: Die meisten Unternehmer stellen Mitarbeiter dann ein, wenn sie ganz dringend jemand brauchen. In dieser selbstgeschaffenen Zwangssituation nimmt man eben von den drei Kandidaten den am wenigsten schlechten. Die Konsequenz: Die Einarbeitung ist zäh, die Arbeitsersparnis gering. Und wenn man sich je dazu durch ringt, den unpassenden Mitarbeiter wieder zu entlassen, dann muss man noch zusätzlich die Übergabe organisieren und unter noch mehr Druck einen Ersatz finden. Die paar Stunden, die man einspart, weil man keine richtige Personalsuche macht, kommen hinten zig-fach wieder drauf. Fazit: Keine Mitarbeiter mehr einstellen, wenn man nicht zu 100 Prozent überzeugt ist und sie ein komplettes Auswahlverfahren durchlaufen haben.
  • Zwangssituationen: Entscheidungen haben Folgen. Manche führen dazu, dass man unerwartet weitere Aufgaben bekommt. Der Preis, diese nicht auszuführen, erscheint oft zu hoch. Man beginnt, aber lustlos. Auf dem Weg schließt man Kompromisse. Diese rauben weiter Energie. Und zum Schluss weiß man nicht mehr, wie man da rein geraten ist. Die naheliegende Regel, keine Entscheidungen mehr zu treffen, die man nicht mit allen Folgen durchdacht hat, ist völlig unrealistisch. Ich kann nicht alle Folgen durchdenken, wenn ich überhaupt handeln will. Viele Entscheidungen muss ich als Unternehmer aus dem Bauch fällen. Die Konsequenz ist eine andere: sobald man merkt, dass man sich in eine Zwangssituation hinein manövriert hat, die Bereitschaft zu haben, den Preis zu bezahlen, der erforderlich ist, um aus dieser Zwangssituation heraus zu kommen. Meist ist er gar nicht so hoch, weil sich vieles nur in unserem Kopfkino abspielt. Aber gerade diese Entscheidung, sobald man spürt, in eine Zwangssituation und Kompromisskette hineinzuschlittern, alles zu tun, um dies sofort zu unterbinden, ist der Schlüssel für unternehmerische Freiheit und für den eigenen Freiraum! Jede weitere Verzögerung führt zu größeren Zwangssituationen und einem noch höheren Preis am Ende.

Die Aufgabe ist ganz einfach: In der eigenen Firma die 3 bis 8 Punkte zu identifizieren, die man nicht mehr tun wird. Dann diese Punkte an alle Mitarbeiter kommunizieren, auf ein Blatt schreiben und an jedem Arbeitsplatz neben der Vision aufhängen lassen. Der Unterschied zum einfachen Aufräumen ist, dass man keine einmalige Aktion startet, sondern die Quellen des Chaos austrocknet oder abschneidet.

Am Anfang denkt man oft, dass vieles, das man gerne abschneiden würde, aus irgendwelchen Gründen nicht geht. In diesem Moment hilft es, sich an das 80:20-Prinzip zu erinnern. 20 Prozent der Tätigkeiten bringen 80 Prozent der Ergebnisse. Eliminiere ich also die 80% unproduktiven Tätigkeiten und mache die produktiven doppelt so oft, dann habe ich 60% meiner Arbeitszeit eingespart und zugleich 60% mehr Ergebnis als vorher.

Das klingt immer so theoretisch und alle nicken auch immer: Ja, kenn ich, hab ich schon gehört! Und dann wird nichts gemacht. Deshalb etwas praktischer. Als Steve Jobs 1997 wieder zu Apple kam, hatte Apple 24 verschiedene Produkte. 80:20 hieß, dass 20 Produkte unnötig waren. So strich er 20 Produkte und schuf die freien Ressourcen für die Entwicklungen, die danach kamen. Das liest sich so einfach, aber überleg dir mal, was die paar tausend Mitarbeiter, denen Steve Jobs ihre Produktbereiche weggenommen hat, gesagt haben! Beim Aufräumen gibt’s immer Widerstand und es ist der Job des Unternehmers, auch gegen Widerstände das Notwendige zu tun! Das erfordert Mut!

Mehr zu diesem Thema erfährst du auch bei meinem Seminar „Der Weg zum erfolgreichen Unternehmer„.

1 Kommentare

  • Amena Rauf- Vater - 12.04.2015
    Was wir nicht mehr tun!

    Sehr geehrter Herr Merath,
    toll auf den Punkt gebracht! Danke!
    Insbesondere diese ständigen Angebots- Deadlines nerven mich extrem- aber es scheint ja zu klappen- daher machen es noch soviele Unternehmen…Ich selbst versuche, in meinem Betrieb ganz ohne auszukommen. Tatsächlich verbessert das die Kundenstruktur extrem.
    Herzliche Grüße
    Amena Rauf- Vater
    http://www.pferde-aus-fintel.de
    http://www.authenticals.com

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